Teil 9: steter Tropfen höhlt den Stein

Es kristallisiert sich so langsam zu meinem Schwerpunkttehma heraus:
Bezahlbares Wohnen in Ulm
Und es zeigt sich mal wieder, der stete Tropfen höhlt den Stein.
Waren zu Beginn meiner Legislaturperiode noch alle außer den Grünen der Meinung, wir hätten keinen Bedarf an sozialer Wohnungsbauförderung
s. blogeintrag vom 13.07.2011
haben wir inzwischen immerhin ein Wohnungbauprogramm für bezahlbaren Wohnraum auf den Weg gebracht.

Viele, viele Runden waren dafür erforderlich:

SWP 03.11.12: Grüne: Defizit an Sozialwohnungen

SWP 21.11.12: Wohnungsbaudebatte im Gemeinderat, Stadt reagiert auf Preisentwicklungen

Grüne: Defizit an Sozialwohnungen

Steuert die Stadt Ulm auf eine problematische Situation bei den Sozialwohnungen zu? Dafür gebe es Hinweise, sagen die Ulmer Grünen und verweisen auf eine Studie. Dieser Eindruck trügt, kontert OB Ivo Gönner.

WILLI BÖHMER | 03.11.2012

Jedes Jahr fallen mehr Wohnungen aus der Sozialbindung heraus, „aktuell wird aber keine einzige neue Sozialwohnung gebaut“. Das moniert die Fraktion der Grünen in einem Schreiben an Oberbürgermeister Ivo Gönner. Deshalb gehöre Ulm zu den Städten in Baden-Württemberg, in denen sich künftig verschärft Probleme auf dem sozialen Wohnungsmarkt ergeben werden. Darauf weist vorneweg Annette Weinreich, wohnungspolitische Sprecherin der Grünen, seit Monaten immer wieder hin.

Die Fraktion zitiert die Pestel-Studie, die davon ausgeht, dass schon heute 7570 Ulmer Anspruch auf eine Sozialwohnung haben. Deshalb wollen die Grünen, dass in Ulm ein großer Anteil der geplanten Wohnungsbauvorhaben als Wohnungen mit Belegungsbindung erstellt werden. Und sie wollen wissen, „wie viele solcher Wohnungen es heute und wie viele es voraussichtlich in zehn Jahren geben wird“.

„Wir brauchen preiswerten Wohnungsbau“, stimmt Oberbürgermeister Ivo Gönner zu. Aber soziale Wohnbauprogramme seien im Land und in ganz Deutschland leider beinahe auf Null zurückgefahren. „Es gibt heute keine vernünftige Förderung mehr.“ Von dieser Seite könne Ulm kaum Hilfe erwarten. Er setze eher auf die städtische Wohnbaugesellschaft UWS, die Grundstückspolitik und günstige Kommunalkredite, um preisgünstigen Wohnraum zu schaffen.

In Ulm existieren 2200 ausgewiesene Sozialwohnungen, davon befinden sich zwei Drittel im Besitz der UWS. Aber der Bestand sinkt, weil immer mehr Wohnungen die Frist überschreiten, in der die Sozialbindung abläuft. Deshalb baut Ulm in den nächsten zwei bis drei Jahren 270 neue Wohnungen und investiert dafür 55 Millionen Euro. Wenn diese Wohnungen stehen, sollen weitere 270 in Auftrag gegeben werden, kündigt Gönner an. Durch die städtische Wohnungspolitik, nach der Baugrundstücke erst ausgeschrieben werden, wenn sie im Besitz der Stadt sind, sei der Spekulation ein Riegel vorgeschoben worden. Deshalb gebe es in Ulm günstige Grundstücke, was günstigen Wohnraum ermögliche.

Die UWS habe aber auch festgestellt, dass immer mehr Arbeitnehmerfamilien wegen ihres Einkommens aus dem Gehaltsrahmen fallen, in dem ihnen eine Sozialwohnung zustünde, berichtet der OB. Tatsächlich seien die bisher geltenden Einkommensgrenzen für die Mieter solcher Sozialwohnungen völlig überholt. „Der Mittelstand geht leer aus“. Die Grenzen müssten neu festgelegt werden, sonst gingen solche Sozialwohnungsbauprogramm völlig am Bedarf vorbei.

Enorm wichtig sei in seinen Augen, die Anzahl der preiswerten Wohnungen hoch zu halten, die vom Mietpreis her die Kriterien einer Sozialwohnung erfüllen. Die UWS verfüge bereits über 6600 Wohnungen, die diesen Kriterien gerecht würden. Nehme man noch die Wohnungen von anderen Genossenschaften wie der Heimstätte hinzu, sei man nicht mehr weit von der in der Pestel-Studie genannten Zahl von 7570 notwendigen Sozialwohnungen für Ulm entfernt.

Gönner verweist in diesem Zusammenhang auf ein Telefonat des UWS-Geschäftsführers Frank Pinsler an den Verantwortlichen der Pestel-Studie. Dieser habe in dem Gespräch festgestellt, dass sich die Schaffung weiterer Sozialwohnungen in Ulm dann erübrige, wenn die in ihrer Studie genannte Zahl von 7570 Sozialwohnungen bei der UWS oder anderen Wohnungsgesellschaften verfügbar sei. Trotzdem werde die Stadt weiter in den Wohnungsbau investieren, auch um den Zuzug von Menschen von außerhalb nach Ulm zu ermöglichen.

 

Wohnungsdebatte im Gemeinderat: Stadt reagiert auf Preisentwicklungen

Runde zwei in der 2011 angestoßenen Wohnungsdebatte: Die Ulmer Stadträte haben gestern zugestimmt, einen Maßnahmenkatalog zur Kräftigung des Mietwohnungsbaus auszuarbeiten.

JAKOB RESCH | 21.11.2012

Baubürgermeister Alexander Wetzig formulierte das Ziel am Ende der zweieinhalbstündigen Debatte gestern klar: Wir brauchen einen höheren Anteil an Mietwohnungen im Neubau.“ Den schaffe die städtische Wohnungsgesellschaft in ausreichendem Maße nicht allein. „Andere müssen sich mit einbringen.“ Also private Bauträger und Unternehmen. Erkenntnis der seit einem Jahr neu ausgerichteten Wohnungsdebatte im Ulmer Gemeinderat also: Die bisherigen Aktivitäten auf dem Wohnungsmarkt reichten „in Teilbereichen“ nicht aus.

Das heißt auch, dass Ulm nicht schlecht dasteht: Es wird wieder mehr gebaut. Aber nicht nur, weil Wohnungen gesucht sind, nein, vor allem wegen struktureller und wirtschaftlicher Gründe: So locken günstige Baudarlehen, und Immobilien sind in der Finanz- und Eurokrise eine gefragte Geldanlage. Gleichzeitig hat sich Wohnen verteuert. So ist der Kaufpreis in Neubau und Bestand stark gestiegen, beim Erstkauf von Eigentumswohnungen seit 2007 sogar um die Hälfte. Und die Durchschnittsmiete hat sich im gleichen Zeitraum um zwölf Prozent erhöht, auf 7,90 Euro.

Das lässt bei den Grünen die Alarmglocken schrillen. Sie streiten für preisgünstigen Wohnraum. Annette Weinreich: „Die Wohnungen, die jetzt gebaut werden, bedienen nicht die Leute, um die es geht.“ Unterstützt werden sie von der CDU, für die Winfried Walter mahnte, man müsse an die „Durchschnittsbürger“ und insbesondere an Familien mit Kindern, Alleinerziehende und ältere Menschen denken.

FWG, FDP und SPD dagegen sahen „persönlichen Populismus (Gerhard Bühler) am Werke und warnten vor einem „Systemwechsel“ in der Wohnungsdebatte (Dorothee Kühne). Tatsächlich wollten FWG und FDP der Stadtverwaltung keinen Auftrag für eine Konzeption erteilen, nach der künftig 20 Prozent im Geschosswohnungsbau als preisgünstiger Wohnraum zur Miete entstehen soll. Wetzig konterte: „20 Prozent im Geschosswohnungsbau – also bitte!“ Da könne man doch schwerlich dagegen sein. Immerhin soll die Verwaltung das jetzt mal ausarbeiten. Weitere Maßnahmen:

Die Stadt fordert die Überarbeitung der Wohnraumförderung im Land mit Erhöhung des Fördervolumens und inhaltlichen Korrekturen;

die Stadt schaut danach, dass zur Nutzungsmischung in der Kernstadt auf 20 Prozent der Geschossfläche Wohnungen entstehen.

Annette Weinreich war es zufrieden: „Wir haben einiges bewegt.“

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